Woher weiß der Wasserkocher wann das Wasser kocht?
Woher weiß der Wasserkocher wann das Wasser kocht?
Moderne Wasserkocher faszinieren durch ihre Fähigkeit Wasser beinahe stufenlos auf 1 Grad genau zu erhitzen, und die Technik hinter den einfachen oder älteren Modellen mit mechanischer Abschaltfunktion ist nicht weniger interessant. Alle elektrischen Wasserkocher arbeiten nach dem gleichen Prinzip.
Wird das Gerät eingeschaltet, fließt Strom durch eine Heizspirale oder Heizplatte im Inneren des Wasserbehälters. Hat das Wasser eine bestimmte Temperatur erreicht, wird eine Abschaltautomatik ausgelöst. Doch wie genau funktioniert das? Woher weiß der Wasserkocher wann das Wasser kocht?
Was passiert wenn Wasser erhitzt wird?
Wie alle Stoffe dehnt sich Wasser aus, wenn es erhitzt wird, denn Wärmeenergie erzeugt Bewegungsenergie. Je wärmer ein Stoff ist, desto schneller, freier und weiträumiger bewegen sich die Moleküle, aus denen der Stoff besteht, umher. Für jeden Stoff gibt es – abhängig von seinem genauen molekularen und atomaren Aufbau – zwei bestimmte Temperaturen, bei denen sich seine Struktur deutlich verändert. Das sind die drei bekannten Aggregatzustände, in denen der Stoff fest, flüssig oder gasförmig ist.
Physikalische Erklärung
Wasser ist – bei normalen, irdischen Bedingungen – unter 0 Grad Celsius ein Feststoff, den wir als Eis bezeichnen. Die Wassermoleküle haben durch die niedrige Temperatur so wenig Bewegungsenergie, dass sie sich kaum bewegen, sich sozusagen aneinanderklammern und eine feste Struktur bilden. Zwischen 0 und 100 Grad Celsius ist Wasser in seinem flüssigen Zustand. Die Moleküle haben mehr Bewegungsenergie, und die Struktur ist nicht mehr so fest.
Übergang zu Wasserdampf
Ab 100 Grad beginnt Wasser zu kochen, es geht also in seinen gasförmigen Zustand über, den wir Wasserdampf nennen. Die Moleküle bewegen sich sehr schnell und die Struktur löst sich vollständig auf. Ein Gas ist immer leichter als die jeweilige Flüssigkeit, deshalb steigt der Wasserdampf nach oben.
Auch unter 100 Grad verwandelt sich Wasser durch einen ähnlichen, aber etwas anderen Prozess, den wir Verdunstung nennen, langsam in Wasserdampf. Man spricht von Nassdampf, denn die Dunstschwaden, die beim Erhitzen entstehen, sind ein Gemisch aus gasförmigem Wasser und mikroskopisch kleinen Wassertropfen. Je höher die Temperatur das Wasser ist, desto schneller entsteht mehr Dampf.
Messung mit Temperatursensor
Um nun die Temperatur des Wassers oder des Dampfes zu messen, benötigt der Wasserkocher einen Temperatursensor. Dieser ist meistens im hinteren, oberen Teil des Wasserbehälters angebracht, möglichst weit weg vom Heizelement, um die Temperaturmessung nicht durch eine direkte Hitzeeinwirkung zu verfälschen. Deshalb muss der Deckel des Wasserbehälters beim Kochen auch geschlossen sein. Ist er offen, strömt der Dampf zu schnell am Temperatursensor vorbei.
Die in einem Wasserkocher verwendeten Temperaturfühler sind üblicherweise entweder mechanische Bimetallschalter oder eine Variante des elektronischen Widerstandsthermometers.
Woher weiß der Wasserkocher wann das Wasser kocht?: Die klassische mechanische Abschaltmechanik
Bimetallschalter nutzen die Wärmeausdehnung verschiedener Stoffe. Sie bestehen aus zwei unterschiedlichen Metallstreifen, die aufeinanderliegend miteinander verbunden und leicht gebogen sind.
Die mechanische Lösung
Das Metall auf der Innenseite der Biegung hat eine höhere Wärmeausdehnung als jenes auf der äußeren Seite. Erwärmt sich der Streifen, dehnt sich die Innenseite stärker aus, und der Streifen biegt sich langsam gerade. Beim Erreichen einer bestimmten Temperatur ist die mechanische Spannung so stark, dass sich der Bimetallstreifen mit einem hörbaren Klicken plötzlich in die andere Richtung umbiegt und gegen einen gefederten Hebel oder Kippschalter schlägt.
Der wiederum ist über eine Kunststoff- oder Metallstange mit dem eigentlichen Betriebsschalter gekoppelt, der er ziehend oder drückend in die AUS-Position bewegt.
Verwendet man mehrere unterschiedliche Bimetallstreifen, sind Stufenwahlsysteme realisierbar, bei denen der gewünschte Streifen — zum Beispiel mit einem Drehmechanismus – in Position gebracht wird. Man findet sie oft in älteren Bügeleisen. Diese Technik ist aber recht knifflig und wird daher nur selten genutzt.
Die elektronische Abschaltautomatik
Mit etwas weniger Aufwand sind abgestufte und stufenlose Systeme mit elektronischen Temperaturschaltern realisierbar. Dabei kommen sogenannte Thermistoren zum Einsatz. Das Wort ist aus den englischen Begriffen thermal und resistor – Wärme und Widerstand gebildet und bezeichnet elektronische Bauteile, deren elektrischer Widerstand von der Temperatur abhängt. Sie lassen sich in zwei verschiedene Typen unterteilen: Kaltleiter und Heißleiter.
Kaltleiter leiten den elektrischen Strom bei niedrigen Temperaturen besser. Sie haben oft eine Sprungtemperatur, bei deren Erreichen der Widerstand plötzlich stark ansteigt. Ein Stufenwahlsystem lässt sich mit ihnen sehr einfach umsetzen. Alles was dazu benötigt wird, sind mehrere Thermistoren, die an gleicher Stelle fest angebracht werden und ein Dreh- oder Stufenschalter, der den Stromkreis zum gewünschten Thermistor schließt und zu den anderen unterbricht.
Wechselmechanik zum abschalten
Eine Wechselmechanik wie bei den Bimetallstreifen ist unnötig. Der Kaltleiter wird entweder über ein elektromagnetisches Relais oder einen elektronischen Schalter mit dem Betriebsschalter verbunden. Sobald die gewünschte Wasser- oder Dampftemperatur erreicht ist, nimmt der Stromfluss durch den gestiegenen Widerstand im Thermistor-Relais-Schaltkreis stark ab und das Relais stellt den Betriebsschalter aus.
In neueren Varianten findet sich keine elektromagnetische Mechanik mehr. Stattdessen werden der Thermistor-Schaltkreis und die Hauptstromleitung über einen elektronischen Wechselschalter aus Transistoren gebaut und der Betriebsschalter durch eine Taste ersetzt.
Die moderne stufenlose Temperaturwahl
Ein wenig komplizierter ist die stufenlose Temperaturwahl. Auch sie basiert üblicherweise auf einem Thermistor, allerdings kommt diesmal einem Heißleiter zum Einsatz. Wie der Name schon andeutet, leitet er den Strom bei höheren Temperaturen besser als bei niedrigen. Heißleiter haben in der Regel keine Sprungtemperatur, ihr Widerstand nimmt linear — also gleichförmig – mit steigender Temperatur ab. Kurz und knapp formuliert: je höher die Temperatur, desto mehr Strom fließt durch einen Heißleiter.
So funktioniert die Methode
Der Thermistor wird an einen Mikrochip angeschlossen, welcher im Grunde wie ein Strommessgerät arbeitet. Thermistor und Mikrochip müssen bei der Herstellung des Wasserkochers genau aufeinander abgestimmt und geeicht werden, damit der Chip weiß, bei welcher Temperatur, wie viel Strom durch den Temperatursensor fließt.
Dann kann der Mikrochip die am Wasserkocher eingestellte Temperatur in eine Strommenge umrechnen und mit dem Stromfluss vom Thermistor vergleichen. Fließt durch den Temperatursensor die errechnete Strommenge, aktiviert der Chip eine ähnliche elektronische Abschaltung wie bei dem oben beschriebenen modernen Kaltleiter-System.
Zum Schluss noch ein kleiner Tipp: Viele Teesorten, sowie Kaffeegranulat und „Heiße Schokolade“ sollten nicht mit kochendem Wasser aufgebrüht werden. Ideal ist eine Temperatur zwischen 60 und 80 Grad Celsius. Für einen optimalen Trinkgenuss kann sich ein moderner Wasserkocher mit stufenloser Temperaturwahl daher lohnen.
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